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„A river of blood in the streets 
No love in the streets 
And then came silence in the city that day 
They say 
‚Just another one gone‘ 
And they tell her
‚Move on‘“
 – Alicia Keys

In den vergangenen Wochen und Monaten ging es in unserem Alltag um den Schutz von Menschenleben: Haltet Abstand! Kauft für ältere Nachbarinnen und Nachbarn ein. Lasst die Desinfektionsmittel den Menschen, die sie wirklich brauchen. Und vor allem: Tragt Masken! Damit schützt Ihr euch zwar nicht selbst, aber die anderen. Falls ihr das Virus in euch tragt, ohne es zu wissen. Schützt eure Mitmenschen! Schützt die Alten, die Kranken, die Schwachen!

Wir sind doch gute Menschen

Und natürlich tun wir das. Wir wollen doch nicht schuld sein an Leid, Tod und Krankheit. Wir sind doch gute Menschen. Wir halten uns im Supermarkt an die Bodenmarkierung, desinfizieren uns die Hände am Eingang und verzichten sogar auf den nächsten Stadionbesuch. 

Anders als die Menschen auf der anderen Seite des großen Sees. Dort, wo Menschen mit dunkler Hautfarbe auf öffentlicher Straße von öffentlichen Stellen getötet werden. Dort, wo Rassismus immer noch auf der Tagesordnung steht. Wir schütteln unsere Köpfe. Wir teilen Instagram-Posts mit #BlackLivesMatter und #SayTheirNames. Wir nehmen teil am #BlackOutTuesday.

Wir sehen mit Entsetzen, wie der Präsident des besagten Landes die Corona-Krise vollkommen ausblendet und stattdessen die Protestant*innen der Black Lives Matter-Bewegung als „wütenden Mob“ bezeichnet, der „unsere Geschichte auslöscht“. Wir können es nicht fassen, dass er sagt: „Sie wollen uns zum Schweigen bringen, aber wir lassen uns nicht zum Schweigen bringen“.

„Carrying signs in the streets 
Crying eyes in the street 
But they heard nothing from the city that day 

They say 
‚Just another one gone‘ 
And the city moves on“
– Alicia Keys

Ach ja, Flüchtlinge gab es ja auch noch

Und dann sind wir wieder zu Hause in unseren eigenen vier Wänden, waschen unseren Mund-Nasen-Schutz bei 60 Grad und wundern uns über die Arbeitsbedingungen bei Tönnies, bevor wir unsere Tiefkühl-Pizza mit Salami in den Ofen schieben. Das haben wir uns jetzt auch verdient. 

Uns schaudert es kurz, wenn wir in der Tagesschau sehen, dass es auf der Ocean Vikings Selbstmord-Versuche gab. Ach ja, Flüchtlinge, die gab es ja auch noch. Menschen, die Schlimmstes erlebt haben, sind auf einem Schiff zusammengekarrt. Das böse Malta und das böse Italien wollen sie ja nicht aufnehmen. Hat mit uns zum Glück nichts zu tun. Wir würden sie ja aufnehmen. Dieses Sterben an den EU-Außengrenzen ist schon schlimm. Immer wieder hören wir neue Zahlen. Aber die Griechen, die planen eine drei Kilometer lange Barriere in der Ägäis, um Menschen in Not davon abzuhalten, die Insel Lesbos zu erreichen. Unfassbar. Vielleicht unterschreiben wir gleich noch eine Petition.

Zum Glück machen wir das besser.

Und wir sind natürlich Pro-Europa. Seit über 70 Jahren haben wir in Westeuropa Frieden. Das ist in der Geschichte einmalig. Darauf sind wir stolz. Wir reißen Mauern schließlich ein, statt sie zu bauen. Wenn Corona nicht wäre, dann säßen wir jetzt wohl wieder im Auto Richtung Paris, Amsterdam oder Rom. Ganz ohne nerviges Geldumtauschen und Grenzkontrollen. Aber ja, die Corona-Krise macht diesen Sommer etwas komplizierter. 

Puh… aber jetzt gerade brauchen wir mal eine Auszeit von den schlechten Nachrichten. Das haben wir uns nach all den Instagram-Stories und Twitter-Retweets auch mal verdient. Da gucken wir uns auf Netflix lieber noch mal eine Folge von „The Fresh Prince of Bel Air“ an, wir mögen ja die Black Community. 

„Another dream lost
Another king and queen lost
Another broken promise they refuse to make right 
Another night to live in fear

Another night that you’re not here
Another reason to get out there and fight“
– Alicia Keys

Hier könnt Ihr für SOS MEDITERRANEE spenden. Für Seenotrettung und mehr Menschlichkeit auf dem Mittelmeer: https://sosmediterranee.de/spenden/