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Klimapolitik: Die COP23 in Bonn und globale Machthierarchien

Klimapolitik: Die COP23 in Bonn und globale Machthierarchien

Diese Woche beginnt die COP23 in Bonn unter der Präsidentschaft von Fidschi die 23. internationale Klimakonferenz. Die 2015 in Paris gesteckten Ziele sollen nun in Taten umgesetzt werden. Doch funktionieren solche internationalen Verhandlungen eigentlich auf Augenhöhe?

Das offizielle Logo der COP23 in Bonn unter der Präsidentschaft von Fidschi

Das offizielle Logo der COP23 in Bonn unter der Präsidentschaft von Fidschi

Globale Umweltprobleme gehen in ihrer Reichweite über die Kompetenzbereiche einzelner Nationalstaaten hinaus und führen zu grenzübergreifenden Vernetzungen. Im Rahmen von Global Governance werden Möglichkeiten diskutiert, jenseits von Nationalstaaten eine globale Regierung zu schaffen. Globale Umweltprobleme sind jedoch nicht nur ein Aufgabengebiet für Global Governance, sondern durchaus auch eine Folge der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Denationalisierung. Weltweite Klimaforscher sind sich einig, dass ein Klimawandel stattfindet und durch menschlichen Einfluss verstärkt wird. Von den Auswirkungen des Klimawandels können alle Regionen der Erde betroffen sein und somit auch alle Menschen. Multilaterale Vertragswerke auf internationaler Ebene sollen das Problem über nationalstaatliche Grenzen hinaus angehen. Dabei ist davon auszugehen, dass trotzdem die Nationalstaaten in der internationalen Klimapolitik immer noch die wichtigsten Akteure bleiben, die aber durch weitere Institutionen und Akteure ergänzt werden, wie etwa die Vereinten Nationen. Doch auch private Assoziationen und Netzwerke wie Nichtregierungsorganisationen (NGOs) werden Teil von Global Governance.

Globale Machtverhältnisse im Rahmen von Global Governance

Das Problem der internationalen Klimapolitik besteht meiner Meinung nach darin, dass die Verhandlungen nicht auf Augenhöhe ablaufen, sondern dass sich globale Machtbeziehungen widerspiegeln. Die mächtigen Industriestaaten setzen ihre Interessen durch, während kleine Staaten häufig weniger Möglichkeiten haben, ihre Stimme zu erheben. Dies ist zum einen auf mangelnde Ressourcen zurückzuführen (Wie viele Menschen kann ein Staat zu den Verhandlungen entsenden? Welche Druckmittel haben die Staaten innerhalb der Verhandlungen?), aber auch auf ein mangelndes Erhört Werden (Wer wird in den Medien zitiert? Wer darf wie lange sprechen? Wem wird zugetraut, sich mit der Thematik auszukennen?). Besonders brisant ist diese Machthierarchie, wenn man bedenkt, dass die Hauptverursacher des Klimawandels die mächtigen Industriestaaten sind, die Hauptleidenden aber in vielen Fällen ärmere Staaten des Globalen Südens (siehe dazu auch den Blogeintrag: Flucht, Asyl, Migration, Klimawandel – Und was haben wir damit zu tun?).

Auch NGOs sind von globalen Machtverhältnissen beeinflusst

Die COP23 in Bonn und die Problematik globaler Machthierarchien

Die COP23 in Bonn und die Problematik globaler Machthierarchien

Nun sind auf der COP 23 auch viele Nichtregierungsorganisationen vor Ort (NGOs). Formal gesehen sind NGOs Organisationen, die spezielle Privilegien (etwa im Steuerbereich) genießen, aber auch mit Einschränkungen konfrontiert sind (so dürfen sie beispielsweise nur eingeschränkt Gewinn machen). Die Autorität von NGOs basiert auf normativen Kräften anstelle von demokratischer Repräsentation oder militärischer Macht. Oft werden drei Kriterien genannt, die eine NGO mindestens mitbringen muss, um sich in der internationalen Politik akkreditieren zu können: Zum einen darf eine NGO nicht auf einem intergouvernementalen Abkommen basieren, zum anderen soll sie Wissen und Interesse an der jeweiligen internationalen Institution mitbringen und drittens muss die Meinung der NGO unabhängig von nationalen Regierungen sein. Auch die UN nutzt diese Einschränkungen als Definitionen.

Arbeitsweisen von NGOs

NGOs sind jedoch nicht nur sehr heterogen und divers, sondern arbeiten häufig auch über verschiedene Ebenen. Transnationale NGOs arbeiten oft eng mit lokalen Partnern zusammen, welche Projekte implementieren oder Informationen sammeln. Auch lokale NGOs sind in ihrer Arbeit auf den Einfluss und die Ressourcen von transnationalen Partnern angewiesen. Eine Reihe von Studien zeigt, dass die Beziehungen zwischen internationalen und lokalen NGOs horizontal und fließend sein können und sich beide Organisationsarten gegenseitig brauchen. Andere Studien machen deutlich, dass es durchaus auch solche Machtbeziehungen zwischen internationalen und lokalen NGOs gibt, unter denen Letztere leiden. Hierbei spiegeln die Beziehungen die Verhältnisse globaler Politik wider: Demnach stülpen internationale Organisationen eigene Ideen und Konzepte auf die schwächeren lokalen Partner in Ländern des Globalen Südens über. Diese sind auf Gelder und auf die Kontakte der INGO angewiesen. Eine Zusammenarbeit zwischen den beiden Partnern kann auch zu einer Professionalisierung der lokalen NGO führen, die mit einer Entpolitisierung einhergehen kann. Dies kann zu einem eurozentrischen Charakter der sogenannten transnationalen Zivilgesellschaft führen, wenn internationale NGOs strukturelle Ungleichheiten in ihrer Arbeit ausblenden, Proteste und schließlich auch Stimmen der kleinen NGOs verklingen lassen und lediglich ihre eigene Stimme als international geltend darstellen. Zudem heißt es immer wieder, dass die globalen Themen der internationalen NGOs zu weit entfernt seien, von den Themen der lokalen NGOs. Es zeigt sich also, dass selbst in der Arbeit der NGOs die Gefahr ungleicher Machtbeziehungen besteht.

Kritischer Blick auf NGOs

Die COP23 in Bonn und die Problematik globaler Machthierarchien

Die COP23 in Bonn und die Problematik globaler Machthierarchien

Auch NGOs vertreten vor allem Partikularinteressen und kämpfen um das eigene Überleben. Es heißt, dass in globalen NGOs vor allem gebildete Menschen aus dem Mittelstand reicher Staaten arbeiten. NGOs seien auch nicht Teil eines dritten Sektors, sondern eng mit dem Staat und dem Markt verbunden. Dadurch reflektieren sie die gesellschaftlichen Ungleichheiten und bilden diese in ihrer Arbeit wieder ab. In der Forschung werden NGOs oft als Black Box gesehen und behandelt, die Heterogenität der verschiedenen NGOs wird dabei selten mitgedacht. Untersuchungen zeigen auf, dass bei internationalen Klimaverhandlungen ein Großteil der NGOs aus dem sogenannten Globalen Norden kommt. Zudem stehen den NGOs des Globalen Nordens mehr materielle und ideelle Ressourcen zur Verfügung, sodass diese die internationale Klimapolitik qualitativ sowie quantitativ dominieren. Während der Verhandlungen über das Kyoto-Protokoll dominierten NGOs aus dem Globalen Norden, nur ein Viertel der teilnehmenden Organisationen kam aus dem Globalen Süden. Letztere waren zumeist auch durch sehr viel weniger Repräsentanten vertreten. Das UNFCCC stellte zwar Gelder zur Verfügung, doch reichten diese oftmals nicht. Die am stärksten vertretenden NGOs waren Greenpeace, Friends of the Earth und der World Wide Fund for Nature.

Wie geht es weiter?

Solange globale Machtbeziehungen bestehen, werden diese sich auch in Global Governance also in internationalen Verhandlungen widerspiegeln. Gerade in Bezug auf die Klimapolitik ist dies verheerend: So sind es doch vor allem die ärmeren, schwächeren Staaten, die schon heute unter dem Klimawandel leiden und keine oder nur begrenzte Möglichkeiten der Anpassung haben. Die großen Industrienationen, zu denen auch und vor allem Deutschland zählt, müssen nun reagieren und sich kompromissbereit zeigen. Die gesteckten Ziele dürfen nicht verwässert werden und Schritte, um diese einzuhalten, müssen sofort und alternativlos umgesetzt werden. Einzelne Wirtschaftszweige oder Lobbygruppen dürfen hier keine Rolle mehr spielen, wenn es um die Zukunft unseres Planeten geht.

Die COP23 in Bonn und die Problematik globaler Machthierarchien

Die COP23 in Bonn und die Problematik globaler Machthierarchien

Zum Weiterlesen:
  • Beisheim, Marianne (2004): Fit für Global Governance? Transnationale Interessengruppenaktivitäten als Demokratisierungspotential – am Beispiel Klimapolitik. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften (Bürgergesellschaft und Demokratie, 16).
  • Steffek, Jens (2013): Explaining cooperation between IGOs and NGOs. Push factors, pull factors, and the policy cycle. In: Rev. Int. Stud. 39 (04), S. 993–1013.
  • IPCC (div. Jahrgänge): Assessment Report: Cambridge University Press. Online verfügbar unter https://www.ipcc.ch/publications_and_data/publications_and_data_reports.shtml#1.
  • Betsill, Michele Merrill; Corell, Elisabeth (Hg.) (2010): NGO diplomacy. The influence of nongovernmental organizations in international environmental negotiations. Cambridge, Mass: MIT Press. Online verfügbar unter: http://search.ebscohost.com/login.aspx?direct=true&scope=site&db=nlebk&db=nlabk&AN=208206.
  • Beer, Christopher Todd; Bartley, Tim; Roberts, Wade T. (2012): Ngos: Between Advocacy, Service Provision, and Regulation: Oxford University Press.
  • Bexell, Magdalena; Tallberg, Jonas; Uhlin, Anders: Democracy in Global Governance. The Promises and Pitfalls of Transnational Actors. In: Global Governance 16 2010, S. 81–101.
  • Buttigieg, J. A. (2005): The Contemporary Discourse on Civil Society. A Gramscian Critique. In: boundary 2 32 (1), S. 33–52.
  • Lipschutz, Ronnie D. (2007): The Historical and Structural Origins of Global Civil Society. In: Globalizations 4 (2), S. 304–308.
  • Benessaieh, A. (2011): Global Civil Society. Speaking in Northern Tongues? In: Latin American Perspectives 38 (6), S. 69–90.
  • Carpenter, R. Charli (2010): Governing the global agenda: “gatekeepers” and “issue adoption” in transnational advocacy networks. In: Deborah D. Avant, Martha Finnemore und Susan K. Sell (Hg.): Who Governs the Globe? Cambridge: Cambridge University Press, S. 202–237.
  • Brühl, Tanja; Gereke, Marika (2015): Der Beitrag von Non-State Actors zum Schutz der Umwelt. Eine kritische Analyse der Rolle von NGOs in der Klimapolitik. In: Z Außen Sicherheitspolit 8 (S2), S. 677–694.
Flucht, Asyl, Migration, Klimawandel – Und was haben wir damit zu tun?

Flucht, Asyl, Migration, Klimawandel – Und was haben wir damit zu tun?

Donald Trump gibt sich gerade alle Mühe, den Anschein zu geben, dass seine Wahlversprechen umsetzbar sind. Natürlich mache ich mir Sorgen, so wie so viele Menschen auf der ganzen Welt. Der Punkt, der mir am allermeisten zu schaffen macht, ist, dass vier Jahre eine sehr lange Zeit sind, wenn man bedenkt, wie sehr wir gerade gegen die Zeit rennen. Der menschengemachte Klimawandel ist unabwendbar und doch besteht jetzt noch eine Chance, ihn in Grenzen zu halten. Wenn nun aber ein so großes Land wie die USA über vier Jahre lang den Klimawandel leugnet, dann raubt mir das den Schlaf.

Klimawandel bedeutet in unserer Zeit nicht nur verregnete Sommer und zu warme Winter. Er bedeutet für viele Menschen auch, dass sie ihre Heimat verlieren. Wenn wir schon im Jahr 2015 von einer „Flüchtlingskrise“ gesprochen haben, dann sollten wir uns in den kommenden Jahrzehnten warm anziehen. Immer wieder hört man in den Medien, dass die Menschen in den industrialisierten Staaten, also auch ich, Einfluss haben auf Fluchtgründe von vielen Millionen Menschen. Googelt man dies, erscheinen als erstes Artikel zum Thema Waffenexporte. Doch wie sieht es mit dem Klimawandel aus? Um mich ein wenig besser darüber zu informieren, wie Klimawandel und Migration zusammen hängen, las ich den Aufsatz „Migration and Climate Change“ von Etienne Piguet, Antoine Pécoud und Paul de Guchteneire.

Klimabedingte Migration ist demnach nicht – wie häufig angenommen – eine neue Erscheinung. Ganz im Gegenteil sorgten Klimaveränderungen schon immer dafür, dass Menschen ihre Heimat kurz- oder langfristig verlassen mussten. Im zwanzigsten Jahrhundert wurde die Forschung in diesem Bereich aber größtenteils eingestellt, weil davon ausgegangen wurde, dass die Technik den Einfluss der Natur auf den Menschen stark einschränken würde. Erst in den 1990er, nachdem der erste offizielle IPCC-Bericht den Klimawandel bekannter machte, wurde wieder vermehrt in dem Bereich Klima-Migration geforscht.

Unwetter und Wirbelstürme sind anders als Dürren und der Meeresspiegelanstieg

Flucht, Migration, Klimawandel – Und was haben wir damit zu tun? von Merle Becker

Flucht, Migration, Klimawandel – Und was haben wir damit zu tun?

Etienne Piguet, Antoine Pécoud und Paul de Guchteneire machten deutlich, dass schnell einsetzende Phänomene, wie etwa Unwetter und Wirbelstürme, eher zu einer kurzzeitigen Migration führen. In einigen Fällen kommt es sogar zu Pull-Effekten, da Menschen in die betroffenen Gebiete einwandern, um dort Hilfe zu leisten und weil Hilfsorganisationen neue Wirtschaftszweige ausbauen, die zu einer Arbeitsmigration führen. Von schnell einsetzenden Phänomenen sind viele Millionen Menschen jährlich betroffen und die Unwetter sind schwer vorhersagbar. Nur bei hoch frequentierten Phänomenen dieser Art kommt es zu einer langfristigen Abwanderung.

Dürren und Wüstenbildungen hingegen haben langsame Effekte und Auswirkungen, doch auch hier kommt es laut empirischer Studien selten zu Langzeit- und Fernmigration.

Der Meeresspiegelanstieg gilt als irreversibel und gestaltet sich linear. Für viele Menschen bedeutet die Auswanderung die einzige Möglichkeit, wenn sie vom Meeresspiegelanstieg betroffen sind. Es lässt sich sagen, dass es etwa 2,2 Prozent der Landflächen der Erde betrifft, auf welchen etwa 10,5 Prozent der Erdbevölkerung leben. Damit gilt der Meeresspiegelanstieg als größtes Problem in Bezug auf Langzeitmigration. Hier sieht man, wie viele Menschen ihre Heimat in Zukunft verlassen müssen!

Das Problem der Anpassung und Klimagerechtigkeit

Flucht, Migration, Klimawandel – Und was haben wir damit zu tun? von Merle Becker

Flucht, Migration, Klimawandel – Und was haben wir damit zu tun?

Doch für Migration spielt nicht nur das sich wandelnde Klima eine Rolle, sondern auch die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Bedingungen. Klimawandel wird demnach nur zu einer Bedrohung, wenn die weiteren Bedingungen keine gute Anpassung garantieren können. So kann in den Niederlanden etwa ein größerer und stärkerer Deich gebaut werden – dies ist jedoch in vielen ärmeren Staaten nicht so einfach möglich. Nicht alle Menschen haben Zugang zu den gleichen Anpassungs-Ressourcen. Dies zeigt sich nicht nur auf globaler Ebene, sondern auch anhand von Gender- und Klassen-Unterschieden. Der gleiche Umweltfaktor kann demnach unterschiedliche Auswirkungen auf verschiedene Menschen haben.

Vor allem die Staaten, die sich bestmöglich an die Folgen des Klimawandels anpassen können, weil sie die finanziellen Ressourcen dazu haben, sind meist für die Klimaveränderungen verantwortlich. Denn ihr heutiger Reichtum basiert auf der vorhergegangen Industrialisierung, die zu dem vermehrten und unkontrollierten Ausstoß von Treibhausgasen führte. An dieser Stelle möchte ich auf Darrel Moellendorf verweisen, der sich mit der Anpassung an den Klimawandel auseinander setzt – denn der Wandel ist bereits weit fortgeschritten und selbst bei vollständiger und sofortiger Beendigung des Ausstoßes von Treibhausgasen müsste die Weltbevölkerung noch mit gravierenden Folgen in naher und ferner Zukunft rechnen. Moellendorf selber schlägt verschiedene Möglichkeiten vor, wie eine möglicherweise gerechte Kostenaufteilung in Bezug auf die Anpassung an den Klimawandel und den Klimaschutz aussehen könnte.

Er stellt das „Polluter-Pays“-Prinzip vor. Dafür muss ein Blick in die Vergangenheit geworfen werden, um zu sehen, welche Staaten besonders viele Treibhausgase ausgestoßen haben. In diesem Fall sollen die Schuldigen haften. Problematisch an dem Ansatz sei aber, dass es in dem Sinne keine Schuldigen gibt, da die Problematik von Treibhausgase erst um das Jahr 1990 bekannt wurde, als bereits 85 Prozent der heutigen Treibhausgase in der Atmosphäre waren. Damit kann man den Staaten und Menschen nicht vorwerfen, bewusst etwas Ungerechtes getan zu haben. Zudem sind viele der Menschen, die in den Verschmutzer-Staaten leben, nicht direkt als Verschmutzer und Verschmutzerinnen zu sehen, da sie viel zu jung sind und ihre Vorfahren für den Großteil der Treibhausgase verantwortlich sind.

Flucht, Migration, Klimawandel – Und was haben wir damit zu tun? von Merle Becker

Flucht, Migration, Klimawandel – Und was haben wir damit zu tun?

Des Weiteren gibt es die Möglichkeit, dass die Staaten zahlen, die von dem Ausstoß der Treibhausgase profitiert haben, also die Industriestaaten. Doch auch dieser Ansatz ist problematisch, da den Staaten zum Zeitpunkt der Industrialisierung und danach nicht bewusst war und nicht bewusst sein konnte, dass der Ausstoß von Treibhausgase gefährlich und unfair sein würde.

Moellendorf plädiert für das „Die Wohlhabenden zahlen“-Prinzip. Diejenigen, denen es finanziell möglich ist, müssen demnach zahlen. Welche Staaten das sind, möchte er an dem Human Development Index festlegen. Laut Moellendorf ist dies das fairste Prinzip der Verantwortung, vor allem, weil die finanziell starken Staaten sich zu einem Großteil mit den Verschmutzer-Staaten und den Profitiert-Staaten decken.

Etienne Piguet, Antoine Pécoud und Paul de Guchteneire schlagen außerdem vor, dass die Aufnahme von vor dem Klima flüchtenden Menschen (sie werden auch „Klimaflüchtlinge“ genannt, was ich schwierig finde) als Teil der gerechten Verteilung der Folgen des Klimawandels aufgefasst werden soll. Denn auch in Bezug auf die Aufnahme von Migranten und Migrantinnen werden es vor allem die industrialisierten, reichen Staaten sein, die sich so anpassen können, dass ihre gesamte Bevölkerung geschützt ist. Genau diese Staaten müssen es sich also zukünftig zur Aufgabe machen, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Finanzielle Unterstützung seitens der wohlhabenden Staaten kann zudem auch bei einer Binnenmigration in ärmeren Staaten erfolgen.

Fluchtgründe und der Westen

Diese etwas philosophische Herleitung zeigt mal wieder, dass die Fluchtgründe selten getrennt von unserem Leben bestehen. So oft geht es um Waffenexporte, dubiose Partnerschaften von westlichen Regierungen mit Diktatoren oder historische Grenzziehungen, wenn wir von der Verantwortung des Westens in Bezug auf Fluchtgründe sprechen. Aber auch unser alltägliches Leben, der Luxus, ein Auto zu besitzen, jeden Tag den Fernseher, den PC und das Radio anzuhaben, sich stets neue Jenas und alle zwei Jahre ein neues Handy zu kaufen – All dies hat gravierende Auswirkungen auf das Leben von Millionen von Menschen weltweit. Und genau deshalb stehen die Menschen in den industrialisierten Staaten in der Verantwortung, Menschen aufzunehmen, die in anderen Teilen der Welt nicht mehr in Würde leben können.

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Quellen:

Moellendorf, D. 2014: The Moral Challenge of Dangerous Climate Change: Values, Poverty, and Policy.

Piguet E. et al. 2011: Introduction: Migration and climate change. S. 1-33.